Erfolgs-Experiment im Supermarkt – achtsamer durch den Alltag
Vor nicht allzu langer Zeit machte Hendrik etwas völlig Absurdes. Etwas, wofür er bis zu diesem Tag andere für total verrückt erklärt hätte: Er stellte sich im Supermarkt an die längste Kassenschlange! Und nicht nur das: Er ließ sogar noch einen Kunden vor, der weniger Waren in seinem Wagen hatte. Erfreut von seinem herzlichen Dankeschön, fand Hendrik ein paar nette Worte für die Kassiererin, woraus sich ein kleiner Dialog entwickelte, in den eine Kundin hinter ihm mit einstieg. Beschwingt stieg er ins Auto und erreichte pünktlich seinen nächsten Termin.
Hendrik ist ein Teilnehmer in einem meiner Führungskräftetrainings und zu der Einkaufsübung hatte ich ihn motiviert. Sie gehörte bis dahin zu den vielen Menschen, die nervös und ungehalten werden, wenn Kund:innen vor ihr beim Bäcker noch nicht genau wissen, welche Brötchen sie wollen, wenn sie an der Reihe sind. Die immer versuchen, Zeit zu sparen – auch wenn sie genug davon haben. Das Gefühl, in Eile zu sein, hat sich bei vielen von uns längst verselbstständigt.
Doch bei diesem Einkauf ließ sich Hendrik auf das Experiment ein. Bei unserem nächsten Treffen erzählte er begeistert davon. Dass er gar keine Zeit verloren, sondern Freude dazugewonnen hatte, war ein kleines Schlüsselerlebnis für ihn.
Den positiven Effekt, den Hendrik erlebte, hat die niederländische Supermarktkette „Jumbo“ übrigens zu einem Teil ihres Geschäftsmodells gemacht: In zahlreichen Filialen landesweit gibt es eine „Kletskassa“ („Plauderkasse“) für einsame Menschen. Hier haben Kund:innen die Möglichkeit, ins Gespräch mit anderen zu kommen und in Ruhe zu bezahlen – Smalltalk mit der Kassiererin inklusive.
Ist das nicht eine großartige Aktion? Denn Menschen brauchen Menschen; soziale Kontakte sind unser Lebenselixier, davon bin ich zutiefst überzeugt.
Hendrik ist es gelungen, nach dem Supermarktexperiment nicht nur achtsamer durch seinen privaten Alltag zu gehen, sondern auch im Berufsleben aufmerksamer und seinen Mitarbeiter:innen gegenüber zugewandter zu sein. In Meetings etwa hört er besser zu, ohne gedanklich schon beim nächsten Tagesordnungspunkt zu sein. Er lässt auch mal Raum für Smalltalk und Persönliches, auch wenn das etwas Zeit kostet. Doch diese Minuten sind super investiert, weil das Team Hendriks Interesse und Wertschätzung jenseits der fachlichen Ergebnisse spürt. Das wiederum lohnt sich auch wirtschaftlich: Führungskräfte, die sich von Menschlichkeit leiten lassen, nicht nur von Zahlen und Zeiteffizienz, stellen fest: Die Leistungsfähigkeit im Team wächst – und damit verbessert sich die Erfolgsbilanz automatisch.
Probieren Sie es auch mal aus, achtsamer durch den Alltag zu gehen, sich ganz bewusst auf den Moment und die Menschen einzulassen. Ohne innerlich zu (ver)urteilen oder gedanklich beim nächsten To Do zu sein. Ich bin gespannt, von Ihnen zu lesen.